... an exile ...

2013

„An Exile“, ein erst unlängst gedrehtes Video, wickelt im wahrsten Sinn die leider so gängige und für Frauen besonders brutale Geschichte von Ausklammerung ab: Selbst nach der Formulierung von Notwendigkeiten schlägt einer meist nur Verständnislosigkeit entgegen.
„An Exile“ erzählt aber auch die Geschichte jedweder typischen Expansionspolitik: man gibt sich so lange an einem Gegenüber interessiert, so lange es funktional ist. Das „Andere“ wird in der Abgeschlossenheit einer Hegemonie schwer als etwas „Eigenes“ anerkannt. Geht die Assimilierung nicht tonlos (von Seiten der „Dazugekommenen“) vonstatten, dann erhalten „die Anderen“ – die um ihre Anteile streiten und um ihre Sichtbarkeit kämpfen müssen, weil sie diese nicht selbstverständlich als einen Status genießen, der über Bluts-, Geschlechts- oder Nationsgenealogien garantiert ist – ausschließlich ein Zugeständnis durch die Kategorisierung „Keine von uns“. Dahinter wirkt ein perfides Netz aus Grausamkeit, das nicht einmal zynischen Ursprungs sein muss, sondern nur blind, unsensibel und sprachlos für die Bedürfnisse Anderer ist. Der Faden, der sich aus einem Kleid löst, bildet eine Referenz zu zahlreichen anderen Arbeiten Dertnigs, markiert aber auch ein „Zuhause“. Und er legt eine Spur. Vielleicht die Andeutung einer feministischen Umdeutung eines Mythos; oft verstellt gerade dieser Strick im Video den selbstverständlichen, nie hinterfragten Weg einer patriarchal geprägten Mehrheitsgesellschaft. Gleichzeitig entrollt er einen ganzen Erfahrungsraum, den der immensen Kraft einer „Anderen“, ALLES neu zu finden und für sich benennen zu müssen.
Carola Platzek